Mark Andre

*  10. Mai 1964

von Ralph Paland

Essay

Seit Mark Andre Anfang der 90er-Jahre mit ersten Kompositionen vor eine größere Öffentlichkeit getreten ist, hat er in seinen meist instrumentalen Stücken kontinuierlich an der Ausbildung und Entfaltung einer individuellen Musiksprache gefeilt, die durch die Verknüpfung komplexer struktureller Konzepte mit dem Gestus angespannter, eruptiver Expressivität geprägt ist. Wurde dem Schaffen Andres zunächst gelegentlich eine gewisse Nähe zur Musik seines wichtigsten Lehrers Helmut Lachenmann attestiert, so setzte sich spätestens seit der viel diskutierten Uraufführung der Musiktheater-Passion …22,13… für vier Instrumentalgruppen, sieben Sänger und Live-Elektronik (Johannes-Evangelium und Offenbarung des Johannes; 1999/2004) während der Münchener Biennale 2004 und der Auszeichnung des live-elektronisch unterstützten Orchesterstückes …auf… III (2007) (mit dem Preis des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg bei den Donaueschinger Musiktagen 2007) die Einsicht durch, dass Andres Schaffen in seiner Verschränkung algorithmischer und dekonstruktiver Kompositionsansätze mit philosophisch-theologischen Motiven eine ebenso eigentümliche wie faszinierende Position markiert.

Schon in einigen frühen Stücken, die Andre noch während seines Komposi­tionsstudiums bei Claude Ballif und Gérard Grisey am Pariser Conservatoire fertigstellte, zeichnen sich wesentliche Charakterzüge seines späteren Schaffens ab: Ein Abgrund für Bassbariton, Viola und Violoncello (nach Georg Büchners „Woyzeck“, 1992) erinnert in den komplizierten rhythmischen Proportionierungen der drei teilweise ...